Glyphosat und seine Wirkung auf Organismen

„Glyphosat“ – Weltjournal ORF 2
Die Veterinärmedizinerin und Mikrobiologin Veronika Krüger von der Universität Leipzig forscht schon seit
einigen Jahren zum Thema Glyphosat. Ihr Interesse an diesem Stoff wurde geweckt, weil seit den 90er
Jahren vor allem in Norddeutschland ein mysteriöses Rindersterben beobachtet werden kann. Kälber
werden entweder tot oder mit Missbildungen geboren, an denen sie sterben. Doch nicht nur Tiere
erkranken. Auch bei Landwirten treten immer häufiger Beschwerden wie Kraftlosigkeit, Muskelschmerzen
und Atemprobleme auf. Annette Weiss, Allgemeinmedizinerin, erklärt, dass das Problem dabei daran
liegt, dass das Krankheitsbild unerforscht und der Verlauf daher unbekannt ist.
Veronika Krüger untersuchte mit ihrem Team einen betroffenen Hof und stieß auf ein hochgiftiges
Bakterium, welches diese Probleme verursacht, Clostridium botulinum. Dieser Erreger erzeugt das
giftigste Toxin der Natur. Es ist weit verbreitet und birgt daher unter normalen Umständen für Menschen
kein Gesundheitsrisiko. Jedoch wirkt laut Veronika Krüger Glyphosat auf gesundheitsfördernde Bakterien
abtötend, während pathogene, also krankheitsfördernde Bakterien nicht beeinträchtigt werden und sich
somit vermehren. Vom Gleichgewicht dieser beiden Arten von Bakterien hängt die Gesundheit von
Mensch und Tier ab. Somit sorgt die Aufnahme von Glyphosat für ein Ungleichgewicht in der Magen-
Darm-Flora und verursacht so, dass Bakterien zum Zug kommen, die unter normalen Bedingungen kein
Problem darstellen würden.
Die Hersteller von Glyphosat betonten immer wieder, das Gift beeinflusse nur den Stoffwechsel der
Pflanze, jedoch nicht den von Mensch und Tier. Die Studienergebnisse Veronika Krügers scheinen das
Gegenteil zu beweisen.
Herbizide mit Glyphosat sind die weltweit am meisten eingesetzten. Verschiedene Hersteller weltweit
stellen Herbizide auf Glyphosatbasis her.Diese Herbizide können in jedem Garten- und Baumarkt, sowie
landwirtschaftlichen Versorgungsbetrieben erworben werden.
In der industriellen Landwirtschaft wird es zuerst vor der Aussaat angewendet, um alles Leben auf dem
Feld totzuspritzen. Diese Methode wird von den Herstellerkonzernen als „bodenschonend“ propagiert, da
man auf diese Weise Bodenerosion vermeidet, weil man das Feld nicht pflügt.
Kurz vor der Ernte wird das Herbizid nochmals eingesetzt, um die Siccation, das Abtrocknen der Halme, zu
erleichtern. So gelangt Glyphosat direkt ins Korn und in weiterer Folge in daraus hergestellte
Lebensmittel. Eine Studie in europäischen Städten hat gezeigt, dass bereits bei der Hälfte aller Menschen
Glyphosat im Urin nachweisbar ist.
Wie der französische Wissenschaftler Gilles Eric Seralini, Molekularbiologe der Universität Caen betont, ist
Glyphosat deswegen ein wesentlicher Bestandteil des Geschäfts mit Genpflanzen, weil bestimmte
Genmaissorten und zB Soja gegen das Gift resistent gemacht werden. So wird nur Unkraut abgetötet,
während die Nutzpflanzen keinen Schaden nehmen.
In der EU ist das Bundesinstitut für Risikobewertung mit Sitz in Berlin für die grundsätzliche Bewertung
von Glyphosat zuständig. Dieses Institut stuft Glyphosat als „im Wesentlichen unbedenklich“, als „nicht
mutagen, nicht kanzerogen, nicht reproduktionstoxisch, nicht terratogen, nicht neurotoxisch“ (Lars
Niemann, Experte des Dt. Instituts für Risikobewertung) ein. Die Studien, auf die sich das Institut bezieht,
wurden von der Agroindustrie durchgeführt. Die allermeisten dieser Studien sind sehr kurz,
Zulassungsstudien fehlen oft ganz.
Eine Langzeitstudie der Universität Caen unter der Leitung von Molekularbiologe Gilles Eric Seralini, bei
denen Genfutter an Ratten verfüttert wurde, hat gezeigt, dass dieses schwere Krankheiten und vorzeitiges
Sterben verursacht. Diese Studie musste auf Druck der Behörden allerdings kurz nach seiner
Veröffentlichung zurückgezogen werden. Wenig später wurde sie in der Zeitschrift „Environmental
Sciences Europe“ erneut veröffentlicht, jedoch mit neuen Daten. Diese zeigen, dass das weltweit am
meisten eingesetzte Herbizid Roundup schwere Leber- und Nierenstörungen verursacht sowie eine
Störung der Sexualhormone und Brusttumor.
In Argentinien sind mittlerweile 90% aller angebauten Sojapflanzen genverändert. Studien der Universität
Rosario in Chabas, einem Ort, der sich inmitten eines landwirtschaftlich genutzten Gebietes befindet,
haben gezeigt, dass die Gesundheit der Menschen hier im Vergleich zum nationalen Durchschnitt
signifikant schlechter ist. Dadurch, dass Pestizide im großen Stil mit Flugzeugen über die Felder gesprüht
werden, atmen die Bewohner der Gegend die Giftstoffe ein, was zu Fehlgeburten, Missbildungen (bis zu
6%) und Erkrankungen führt. Hier gibt es laut Damian Verzenassi, dem Leiter der Studie der Universität
Rosario, im Vergleich zum nationalen Durchschnitt mehr Schilddrüsenerkrankungen, mehr Krebs (bis zu
50% höhere Krebsraten), mehr Atemwegserkrankungen. Der Klinikarzt Merardo Avla Vazquez ist davon
überzeugt, dass „Glyphosat der Schlüssel zu den Krankheiten“ sei.
Eines der großen Probleme beim Einsatz von genverändertem Saatgut und den dazugehörigen Pestiziden
ist, dass Unkraut nach und nach resistent gegen Pflanzenschutzmittel wird, was bedeutet, dass immer
mehr Pestizide gespritzt werden müssen, um es zu vernichten. Das Versprechen der Agroindustrie lautete
eigentlich, dass der Chemieeinsatz bei Einsatz von Gentechnik sich verringern würde, doch Kritiker sagen,
das Gegenteil sei der Fall. Die Industrie verdient doppelt, einerseits mit dem Verkauf von Saatgut und
anderseits mit dem des dazugehörigen Pestizids.
Derzeit wird in der EU die routinemäßige Neubewertung von Herbiziden mit Glyphosat durchgeführt, die
alle 10 Jahre darüber entscheidet, ob die Zulassung verlängert wird oder nicht. Wie bereits erklärt, hält
das Institut für Risikobewertung Glyphosat für unbedenklich. In Bezug auf vorliegende Studien aus
Südamerika verweist die Behörde auf „Unsicherheit bezüglich der dort eingesetzten
Pflanzenschutzmittel“. Ein Problem ist die Nähe der Zulassungsbehörden zur Industrie. In der
Pflanzenschutzmittelkommission des Instituts für Risikobewertung sitzen allein drei Angestellte der
Agrarkonzerne BASF und Bayer.
Kürzlich haben allerdings Experten der Krebsforschungsagentur der WHO Glyphosat als „wahrscheinlich
krebserregend für den Menschen“ eingestuft – Tierversuche lieferten dafür ausreichende Belege.